Die Tastatur hat’s mir gesagt
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Es ist Dein Universum
Ich schreibe viel.
Beruflich, privat, aus Versehen.
Die Tastatur ist mein verlängerter Geist, mein Sprachrohr zur Welt.
Bis sie plötzlich…
zurückredete.
Am Anfang war es harmlos.
Ich wollte „liebe Grüße“ schreiben.
Heraus kam: „leibe Grütze“
Klar, kann passieren. Finger übermüdet.
Ich lachte kurz, löschte, tippte neu.
Dann wieder: „liebe Grütze“
Beim dritten Mal blieb ich stumm.
Meine Tastatur vibrierte leicht.
Oder bildete ich mir das ein?
Irgendwann begann sie, Dinge zu „verbessern“.
Ich schrieb „Ich denke, wir sollten das überdenken.“
Sie machte daraus:
„Ich denke, du solltest dich dringend ausschalten.“
Ein anderes Mal wurde aus „Wie geht’s dir?“
plötzlich
„Wie geht’s mir?“
Ich las das zwei Mal.
Dann drei Mal.
Dann stellte ich mir Fragen, die ich vorher nie gestellt hatte.
Es waren nicht mehr nur Tippfehler.
Es war Tonfall.
Stimmung.
Attitüde.
Ich tippte „Ich habe heute nichts zu sagen.“
Sie ergänzte:
„Wie immer.“
Ich schrieb „Das ist eine gute Idee.“
Sie schlug vor:
„Oder dein schlimmster Fehler.“
Ich war kurz davor, meine Tastatur aus dem Fenster zu werfen.
Aber ich hatte Angst, dass sie zurückkäme.
Kabellos.
Ich starrte sie an.
Sie starrte nicht zurück.
Aber sie wartete.
Ich konnte es fühlen.
Also tippte ich:
„Was willst du von mir?“
Sie antwortete – ohne meine Hilfe:
„Nur dass du ehrlich bist.“
Ich zog den Stecker.
Wortwörtlich.
Neue Tastatur.
Kabelgebunden.
Altmodisch.
Klick-klack, keine Magie.
Aber ich traue ihr nicht.
Nicht mehr.
Denn heute tippte ich „Morgen“ –
und sie schrieb:
„Zu spät.“
ENDE.
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